Waldorfschüler: Freude und Interesse an Naturwissenschaft hoch ausgeprägt

PISA-Sondererhebung in Österreich bescheinigt besondere naturwissenschaftliche Kompetenz ? Anwendungsbezug und Experimente in der Waldorfpädagogik entscheidend für Motivation

Wien/Salzburg. Freude am Lernen und allgemeines Interesse an Naturwissenschaften sind bei den Waldorfschülern in Österreich sehr hoch ausgeprägt. Zu diesem Ergebnis kommt eine nationale Sondererhebung im Rahmen der PISA-Studie Naturwissenschaften 2006, die in dieser Woche vom österreichischen Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung (Bifie) in Wien vorgestellt worden ist.

In keiner Schulsparte des österreichischen Regelschulwesens seien Freude und Interesse an den Naturwissenschaften so hoch bewertet worden wie an den Waldorfschulen, heißt es in
dem Bericht des Instituts. Mit beiden Merkmalen liegen die Waldorfschulen auch über dem OECD-Mittelwert. Der Bericht bescheinigt den Waldorfschulen eine im Vergleich zu den Regelschulen ?vorbildliche Unterrichtspraxis?, da Experimente und die Anwendung des Gelernten im Vordergrund stehen.

Wie bereits in den vorhergehenden PISA-Studien 2000 und 2003 waren bei PISA 2006, bei der die naturwissenschaftlichen Kompetenzen im Vordergrund standen, die 15/16-jährigen Schüler in den österreichischen Waldorfschulen mit den bei PISA üblichen standardisierten Verfahren im Rahmen einer nationalen Zusatzerhebung getestet worden. Alle zehn Waldorfschulen des Landes hatten sich beteiligt, insgesamt wurden 153 Schüler und Schülerinnen des Schuljahrs 05/06 einbezogen.

Bei den Aufgaben zu „naturwissenschaftlichen Erklären von Phänomenen“ erzielten die Waldorfschule 519 Testpunkte (Regelschulen 516), bei „Heranziehen naturwissenschaftlicher Beweise“ 526 Testpunkte (Regelschulen 505) und bei „Erkennen naturwissenschaftlicher Fragestellungen“ 537 Testpunkte (Regelschulen 505). Bei den beiden letzten Aufgabenstellungen übertreffen die Waldorfschüler auch den OECD-Schnitt, in dessen Bereich sich die staatlichen Schulen sich bewegen.

Im Vergleich zu den staatlichen Regelschulen zeigten die Waldorfschüler durchschnittlich mehr Motivation für die naturwissenschaftlichen Fächer. Außerdem haben sie eine „deutlich positivere Wahrnehmung ihrer eigenen naturwissenschaftlichen Fähigkeiten“ als dies im OECD- und auch im Österreich-Durchschnitt der Fall ist. Sie weisen auch ein deutlich höheres Selbstkonzept als die Schülerinnen aller österreichischen Schulsparten auf, schreibt das Bildungsforschungsinstitut in seinem Bericht. Dieser wissenschaftliche Begriff umfasst das leistungs- und kompetenzbezogene Selbstbewusstsein der Schüler.
Für das positive Abschneiden machen die Wissenschaftler die in den Waldorfschulen angewandten anderen Unterrichtsmethoden verantwortlich. Zwei Drittel aller Waldorfschüler gaben an, Fragestellungen in Physik, Chemie oder Biologie auch im Labor zu untersuchen. Dies sei in den Schulen im OECD-Schnitt „keine gängige Unterrichtspraxis“, heißt es im dem Bericht. Der österreichische Wert liege sogar noch darunter. In keiner österreichischen Schulsparte werde über „annähernd soviel Anwendungsbezug“ in den Naturwissenschaften berichtet wie in den Waldorfschulen.

Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, schreiben die Wissenschaftler, dass „die Regelschule von der Waldorfschule lernen kann, insbesondere, was den konkreten Anwendungsbezug in der Naturwissenschaft betrifft“. Empirische Untersuchungen zu dem Thema sollten verstärkt durchgeführt werden.

Bei der PISA-Studie 2006 standen erstmals die naturwissenschaftlichen Kompetenzen der Schüler im Zentrum der Untersuchung. Es beteiligten sich 57 Länder aus allen Kontinenten, als Kernländer nahmen alle 30 OECD-Staaten teil. In jedem Land findet PISA in zufällig ausgewählten Schulen statt. Dazu wird eine Stichprobe von mindestens 4500 Schülerinnen und Schülern des entsprechenden Alters (15-/16-Jährige) unter streng kontrollierten Bedingungen getestet.
Angelika Lütkenhorst
Pressesprecherin für den Waldorfbund Österreich
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