Wie waren die Coronaferien?

In der Zeit des Shutdowns mussten Eltern wie Lehrerinnen und Lehrer auf eine Situation reagieren, über die noch niemand zuvor nachgedacht hatte. Es gab keinen Ratgeber und kein erprobtes Konzept, sondern lediglich die „Weisheiten“, die der bisherigen pädagogischen Zusammenarbeit zugrunde liegen. Unsere Schule hat als Grundidee,  Kindern eine gesunde Entwicklung zu ermöglichen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür liegt im Schaffen einer anregenden, beziehungsfreudigen Umgebung – bei den  Maßnahmen eines Shutdowns, nun ja, eher schwierig!

Jede Lehrperson musste sich fragen: „Was brauchen meine Schüler jetzt? Wie kann ich mit den Eltern zusammen bewirken, dass trotz der ungünstigen Bedingungen eine gesunde Entwicklung möglich ist?“ “
Es ist immer, auch ohne Corona, für jeden eine große Herausforderung, eine pädagogische Grundidee so zu verwirklichen, dass sie lebt – und mehr noch, dass sie auch von den anderen im Team gerne aufgegriffen und mit umgesetzt wird. Während der sogenannten Coronaferien kamen Eltern und Lehrpersonen einander durch die Unterrichtsinhalte und -methoden oft näher als sonst.

3 Berichte zum Homeschooling

Mutter der 1. Klasse: Unser Sohn (7) besucht seit September 2019 die erste Klasse der Waldorfschule und seit Anfang der Corona Krise machen wir die „Hausaufgaben“ gemeinsam. Wir erhalten jeden Morgen ein E-Mail von seiner Klassenlehrerin mit den Aufgaben für den Tag. Zuerst war es die Schreibepoche mit einer fortlaufenden Geschichte, in der nach und nach die neuen Buchstaben vorgestellt wurden. Die Kinder sollten Bilder zu den Buchstaben malen, den Buchstaben groß im Schreibheft festhalten und dann mit mehreren Wörtern üben. Auf die Schreibepoche folgte eine Rechenepoche mit den sogenannten Rechengeschwistern: dem Bauern UND, dem Schäfer MINUS, der MALNEHMERIN und der gerechten Königin (TEILERIN). So kam jede Woche eine andere Grundrechenart dran. Die Aufgaben waren immer verpackt in Geschichten und Übungen. Zudem kamen in den Mails auch Geschichten, Bastelanleitungen, Bewegungsübungen, Flötenübungen oder Backanleitungen – sprich jede Menge Tipps um den Alltag zu gestalten.

Auch hat sich die Klassenlehrerin immer wieder per Video gemeldet und stand bei Fragen oder Wünschen immer telefonisch zur Verfügung. Auch wenn unser Sohn seine MitschülerInnen und den sozialen Austausch sehr vermisst, so hat es doch zuhause gut geklappt. Für uns als Eltern war es sehr schön einen Einblick in die Arbeitsweise der Lehrerin zu bekommen, sie so näher kennen zu lernen und zu erleben, wie die Materialien gestaltet und umgesetzt werden. Auch wenn wir nicht immer gleich motiviert waren, so gelang es uns doch meistens gemeinsam und mit Freude, ohne viele Auseinandersetzungen die gestellten Aufgaben umzusetzen.

Vater der 2. und 6. Klasse: To make a long story short: Es war eine neue, spannende, interessante und herausfordernde Erfahrung, die wir – so seltsam es klingen mag – nicht missen möchten. Zwei Eltern, zwei Schülerinnen der zweiten und sechsten Klasse und das völlig Unbekannte. So unterschiedlich die Aufgabenstellungen und vorbereiteten Unterlagen der vielen Lehrer waren, so unterschiedlich die „Herangehensweise“ unserer Töchter: Ehrgeiz, Eifer, Präzision, Geschwindigkeit vs. das Nötigste genügt, Spielen ist wichtiger, nicht ganz so genau dafür aber schnell! Letztlich spielte es keine Rolle, denn gelernt wurde so oder so und zwar nicht zu wenig!

Schülerin der 6. Klasse: Für mich war es eine neue Erfahrung. In den ersten 3 Wochen war ich total entspannt und war froh zuhause zu sein. Man hatte endlich Zeit für Sachen die man sonst nicht gemacht hätte wie z.B. Verwandte anrufen, mehr raus gehen, sich neue Ziele setzen und ausschlafen. Aber nach den Osterferien wurde ich immer gestresster. Außerdem fehlten mir langsam die Schule und natürlich meine Freunde. Insgesamt waren die „Coronaferien“ ein spannendes Erlebnis für mich!   

12. Klasse: Seit der plötzlichen Umstellung aufgrund der Quarantänemaßnahmen zur Corona Krise haben auch wir Schüler und Schülerinnen der zwölften Klasse auf den normalen Schulalltag verzichten müssen. So kam es, dass wir sowohl Arbeitsaufträge erhielten, welche wir zu bearbeiten hatten, als auch zeitenweise per Zoommeetings unterrichtet wurden. In den Wochen vor den Osterferien wurden die Epochen Biologie und Deutsch, welche vor dem Lock-Down bereits begonnen hatten, fortgesetzt. In Biologie hatten wir sowohl Arbeitsaufträge, die zu erfüllen waren, als auch Referate, welche dann per Zoommeeting abgehalten wurden. In Deutsch hatte jeder Schüler/jede Schülerin die Aufgabe, ein Buch aus einer bestimmten Literaturepoche zu lesen und sich mit der jeweiligen Epoche genauer zu befassen. Zwei Wochen vor den Osterferien kam außerdem die Menschenrechtsepoche hinzu, in der wir ebenfalls Arbeitsaufträge bekamen, die wir abgeben mussten. In den Sprachenfächern, sowie in Mathematik hatten wir außerdem wöchentlich Arbeitsaufträge abzugeben. Weiters hatten wir einmal pro Woche eine Tutor Stunde per Zoom, um auch so in Kontakt zu bleiben und die Situation möglichst gut zu meistern.

Gerade die Zeit vor den Ferien ist mir persönlich sehr schwergefallen. Oft war ich mit dem Arbeitspensum überfordert, nicht unbedingt, weil es zu viel war, sondern eher, weil auch noch der Aspekt hinzukam, dass man sich alles selbst einteilen musste und gerade das setzte mich häufig unter Druck und bereitete Stress. Hinzu kamen noch die Erkenntnisse, dass viele Ereignisse, auf die ich mich im letzten Schuljahr an der Waldorfschule sehr gefreut hätte, wie zum Beispiel das Praktikum oder die Abschlussfahrt, nun nicht länger stattfinden konnten. Von manchen Klassenkameraden habe ich jedoch auch gehört, dass sie gerade das Selbsteinteilen der Aufgaben und die damit einhergehende Freiheit, was die Gestaltung des Tagesablaufs angeht, sehr genossen. Nach den Osterferien hätte ja ursprünglich die gesamte Oberstufe ein vierwöchiges Praktikum absolvieren sollen, doch auch das war aufgrund der damaligen Situation nicht möglich und so mussten sich die Lehrer und Lehrerinnen etwas einfallen lassen, um uns sinnvoll zu beschäftigen. Letztendlich führte das dann zu einem Oberstufenprojekt, in der alle Schüler und Schülerinnen der vier Klassen bestimmte Aufgaben und Arbeitsaufträge in den Fächern Deutsch, Biologie und Kunst erfüllen sollten. Außerdem hatten wir auch weiterhin in den Sprachenfächern und in Mathematik Arbeitsaufträge abzugeben.

Die Wochen nach den Osterferien empfand ich als viel entspannter, was teils daran lag, dass ich mich langsam an die Situation gewöhnt hatte, doch auch die Lehrpersonen wussten besser, wie viel Arbeit und vor allem in welcher Form uns zuzutrauen war. Manche der Aufgaben erschienen sinnvoller als andere, doch verspürte ich nicht mehr so einen starken Stress wie noch vor den Ferien. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Situation für alle neu und anders war, dass jeder sie anders erlebt hat und dass sie, sowohl von Seiten der Lehrpersonen, als auch der Schüler und Schülerinnen gerade nach einiger Zeit sehr gut gelöst wurde!